Mittwoch, 8. August 2012

Professor Vodnik wünscht sich was

Vodniks Frau wartet auf eine Lungentransplantation und deswegen ist der Professor um 6:30 hier oben an der Kapelle, während unten Maribor gähnt und sich den Schlaf aus den Augen reibt.

Wenn man Begegnungen wie die mit dem Professor hat - zu einer Zeit, in der ich mich normalerweise noch mal umdrehe und weiter von Marillenknödeln träume - dann haben Schlafstörungen auch ihre guten Seiten.

Professor Vodnik lehrt Geschichte an der Handels- und Mittelschule, er freut sich mich kennenzulernen, er redet schnell, gerne und in gutem Deutsch.

Während die Sonne aufgeht und die Nebelschwaden über den Buchenwäldern vertreibt, erzählt mir Professor Vodnik von sich und seinen Tagen und warum er hier oben ist.

Jeden Morgen um 4:20 steht er auf. Waschen, Frühstück, Zeitung lesen. Dann läuft er den kiesigen Weg durch die Weinberge und Mischwälder zu dieser Kapelle. Um für sich und 111 andere Menschen zu beten, die nicht mehr so gut zu Fuß sind.

Gute Energien habe dieser Ort, sagt er. Schon die Kelten wussten das. Wünsche gehen hier in Erfüllung. Für den Sohn einer Bekannten hat Vodnik 700 Gebete gesprochen. Plötzlich war der Tumor in dessen Schädel verschwunden. Für seine Frau hat er schon über 1000 Gebete gesprochen. Sie wartet zwar immer noch auf die neue Lunge, aber es geht ihr besser als erwartet. Sie  lebt noch. Gute Dinge brauchen eben Zeit, sagt Vodnik. 

Bevor sich Vodnik dicht an das Gitter presst und seine Gebete der Marienstatue zuflüstert, sagt er noch, ich solle ihn mal besuchen kommen. Er zeigt mir sein Haus, unten in der Stadt. Er wohnt in meiner Straße. Er sei sogar in dem Haus geboren, in dem er heute wohnt, weil seine Mutter Angst vor einer Verwechslung im Krankenhaus hatte.


Vodnik umfasst die Eisenstäbe und erfüllt seine Aufgabe. 30 Minuten dauert es, die Wünsche und Hoffnungen von 111 Menschen weiterzuleiten. Danach läutet er die Glocke auf der Rückseite der Kapelle und hackt mit seinen beiden Wanderstöcken durch den Kies davon.

Dienstag, 7. August 2012

Am Abgrund

Oh no! Die Süddeutsche Zeitung schreibt heute über den Euro-Liebling Slowenien am Abgrund. Der Text von Viktoria Großmann hat auch Hand und Fuß: Slowenien hat in der Tat zahlreiche Probleme seit dem Wegfall des jugoslawischen Arbeitsmarktes und dem EU-Beitritt. Mich ärgert allerdings der Einstieg in den Text:

"Maribor in Slowenien, vor kurzem: ein geputztes Städtchen. Am Eingang zur Altstadt steht eine bunte Infobox, der Veranstaltungskalender der europäischen Kulturhauptstadt 2012 ist voll. Aber die Einkaufsstraßen sind leer. Genauso wie die Restaurants."

Die Einkaufstraßen leer? Die Restaurants auch? Wollte sie vielleicht am Sonntag einkaufen und nachts was essen? Und die Ferien kommen noch dazu. Mal schön passend gemacht das Ganze. Der Text ist trotzdem lesenswert, alleine für die Zahlen. Ich jedenfalls hoffe, dass ich hier nicht noch von einer sich ausweitenden Krise berichten muss. 

Montag, 6. August 2012

Straßenmucke

Hab' mir in den vergangenen Tagen ein paar Konzerte angeschaut, die eher zum Gähnen waren, aber dann hat mich diese Combo in der Fußgängerzone total umgehauen. Musste mich doch glatt hinsetzen und eine halbe Stunde zuhören. Weiß gar nicht, wann ich das zum letzten Mal bei Straßenmusikern gemacht habe. Video ist ein bisschen ruckelig, lohnt sich aber und wird zum Ende hin besser.


Die kleine links außen hat eine Hammerstimme, doch die beiden Buben rechts sind meine Favoriten. Ist wohl eine Roma-Familie aus der Slowakei (soweit konnte ich mich mit ihnen verständigen), und hätten die eine CD gehabt, ich hätte sie sogar gekauft. Aber vielleicht kennt jemand sogar dieses Lied, diesen Sound? Wollte denen dann noch durch die Stadt folgen, wurde dann aber sehr sehr komisch angeguckt.

Guten Morgen



Schlafstörungen

Sitze am Küchenfenster und sehe die Sonne hinter den Weinbergen aufgehen. Bin seit Stunden wach. Schon in den vergangenen Nächten wurde ich immer mal wieder durch das gleiche Rumoren unten auf der Straße geweckt. Diesmal hat es mich richtig aus dem Bett geholt. Hörte sich an wie eine Bande Waschbären, die durch die Nachbarschaft ziehen. War allerdings ein Müllsammler. Lustigerweise auf Rollerskates. Damit er ein größeres Gebiet abdecken kann? Oder um schneller vom Tatort zu flüchten?

Wenn er mich morgen um vier wieder weckt, wird er sofort interviewt. Ohne Gnade.

Freitag, 3. August 2012

Art will be Art

Auf einer Ausstellungseröffnung mit dem Namen "Die schöne Malerei liegt hinter uns", französische und slowenische Künstler in der Maribor Gallery. Das Programmheft erzählt irgendwas von "einem erschütternden Bild unserer Zeit" ohne zu erklären, was heute so erschütternd sein sollte. Da könnte ich mal wieder durch die Decke gehen bei dem ganzen Blabla. Einige der Werke finde ich trotzdem richtig gut, auch wenn das Motto ziemlich weit hergeholt finde.











Donnerstag, 2. August 2012

Der tapfere Schusterjunge

Im 16. Jahrhundert wüten die Türken durch die Gegend. Die Menschen fliehen in die Städte und verschanzen sich hinter den Mauern vor den brandschatzenden Horden. Ein Dichter schreibt damals:
"Das deutsche Land war rings verbrannt und gesengt,
Des Himmels reine Luft mit dichtem Rauch vermengt,
Und jeder Zufluchtsort ungläubiger Gebete,
verheeret und verkehrt, in eine wüste Stätte."

Auch in Maribor harren die Menschen hinter meterhohen Steinmauern aus. Die Türken richten sich auf eine Belagerung ein und die Bevölkerung stellt mir Schrecken fest, dass verpeilt wurde, die Stadtgräben mit Wasser zu füllen.

Im Angesicht der ständigen Bedrohung durch die Türken (die kamen schließlich nicht nur einmal): ganz schön dumm. Noch dümmer, dass sich daraufhin keiner traut, die Stadt zu verlassen, um die Schleusen bei den "Drei Teichen" zu öffnen. 

Keiner traut sich? Nicht ganz. Der Legende nach verkleidet sich ein Schusterlehrling als Türke und schlüpft unbemerkt zu den Teichen, öffnet die Schleusen. Das Wasser schießt in die Stadtgräben und ertränkt die Türken, die gerade dabei sind die Mauern zu unterhöhlen.