Donnerstag, 16. August 2012

Old School

Der Stadtschreiber ist derzeit ein bisschen klamm, wollte aber am Wochenende unbedingt nach München, um einen guten Freund zu besuchen. Zug ist zu teuer, der Flug erst recht; dazu ist es immer etwas umständlich aus Maribor wegzukommen. Was tun?

Daumen raus und per Anhalter fahren. Schon lange nicht mehr gemacht, ewig eigentlich. Um 9 Uhr morgens stand ich an der Autobahnauffahrt in Maribor. Nach zehn Minuten dachte ich mir schon: hier nimmt dich doch nie einer mit. Vielleicht doch lieber ein Auto mieten?

Per Anhalter fahren ist ein krasses Geduldsspiel. Gar nicht mal so schlecht, auf etwas zu warten. Einfach nur rumstehen, ein Schild in die Luft halten und warten, während die Sonne einem immer mehr auf den Schädel brezelt.

Und plötzlich war ich dann unterwegs. Ein Ingenieur aus Maribor nahm mich mit, erzählte mir etwas über die gute Trinkwasserversorgung in Slowenien. Weil die Drava viel Grundwasser aus Österreich mitbringt; dort hat es im Gegensatz zu hier jede Menge geregnet.

Der nächste war ein Gefahrengutransporteur, der mir einiges über diversen Feuerlöscherbestimmungen in verschiedenen Ländern erzählte. Der hat nur jemand zum Zuhören gesucht, und das war eine Aufgabe, dich ich hervorragend erfüllen konnte.

Ein weiterer Wagen blieb liegen und ich musste das Gefährt wechseln. Lernte so einen jungen Psychologen kennen, der von der Beerdigung seines 21-Jahre alten Cousins kam, und beruflich an der Therapie von Sexualstraftätern arbeitet. Interessanter Typ. Die Täter machen ihm keine Probleme, meinte er. Aber mit dem Opfern zu reden, zerreisse ihm das Herz.

Dazwischen immer wieder Warten. Den gelegentlichen Bockfinger gezeigt bekommen. Oder: "Hey Schmarotzer! Warum suchst du dir keinen Job?"

An der letzten Raststätte vor München musste ich drei Stunden warten. Drei Stunden im Leben einer Raststätte können allerdings auch interessant sein. Ein ständiges Kommen und Gehen und nach 180 Minuten hat man so ungefähr alle Typen gesehen, die es gibt.

Leider viele Rückreisende aus dem Urlaub unterwegs. Die Autos voll mit Familien. Ab und zu noch ein Platz neben dem Kind auf der Rückbank. Wollen aber keinen dubiosen Anhalter neben den Erben setzen. Kann ich sogar verstehen.

Dann - unglaublicherweise - hielt ein roter Porsche Boxster Spyder. "Bist Du sicher?", hab ich den älteren Herrn gefragt, ein Berliner, der seit Ewigkeiten schon in München wohnt.

Dafür hat sich das Warten unbedingt gelohnt. Als der nette Herr merkte, was für einen Spaß ich der Geschwindigkeit habe, drehte er richtig auf, mit 270 km/h Richtung München.

Hört sich jetzt schnell an, aber am Ende habe ich 13 Stunden gebraucht, Tür zu Tür. Aber: you see more, you hear more. Ein kleines Abenteuer zwischendurch.

Mittwoch, 15. August 2012

Gute alte Industriezeit

Der Stadtteil Melje war einmal der Industriemotor der Stadt. Große Textfilfabriken, LKW-Produktion und so weiter. Nix übrig davon heute. Nach dem Zusammenbruch von Jugoslawien ging es hier rapide bergab.






Montag, 13. August 2012

What's in a name?

Kurzer Ausflug in die Namensgeschichte. Früher hatten hier die Städte deutsche Namen: Ptuj war Pettau, Ljubljana Laibach und Maribor eben Marburg. Mit der entstehenden Nationalbewegung in der Mitte des 19. Jahrhunderts fand dann langsam eine Slowenisierung statt.

Der Name Maribor geht wohl auf den slowenischen Dichter Stanko Vraz zurück. Später erschien ein nationales Gedicht von Lovro Toman über Marburg, mit der Überschrift: Mar-I-Bor, was soviel bedeutet wie: Wohl im Kampf.

Schön und gut. Aber wie diesen Namen in den Köpfen der Menschen festsetzen? Ein cleverer Geschäftsmann ließ kurzerhand Krüge mit der Aufschrift Mar-i-bor fertigen und brachte sie unter die Leute. Da soll noch mal jemand sagen, Alkohol sei keine Lösung.

Disclaimer: Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, ob das Wasser-, Milch-, oder Weinkrüge waren. Kann aber eigentlich nur letzteres sein, oder?

Sonntag, 12. August 2012

Mariborcat


Freitag, 10. August 2012

Treppe des Todes

Wenn ich mal wieder genug vom Schreibtisch habe, laufe ich an den Weinbergen entlang Richtung Kamnica. Maribor wird dort schnell dörflich: hochwachsendende Wiesen und Felder voller Apfelbäume, wundervoll ruhig. Sprinte diese Treppen hoch, komme aber meistens nur bis zur Hälfte der 455 Stufen, bis mir die Puste ausgeht und ich atme wie eine alte Dampflok.

Irgendwann schaffe ich es dann trotzdem bis ganz oben (wär doch gelacht). Dort führt der Weg weiter durch den Wald zur Kirche der heiligen Barbara und Rosalia. Die steht eingebettet zwischen Buchen und Linden auf einem kleinen Gipfel, dahinter laufen die Weinberge ins Tal. 1683 wütete die Pest durch die Stadt. Die verschonten Bewohner bedankten sich für ihr Überleben mit einem neuen Gottesweg durch den Wald und diesem kleinen Schmuckstück. Was für eine Arbeit, das ganze Baumaterial hier hoch zu schleppen. Brauch' ich mich gar nicht über die ollen 455 Stufen zu beschweren. Und schon gar nicht über den Schreibtisch.



Donnerstag, 9. August 2012

Grüner wird's nicht




Mittwoch, 8. August 2012

Professor Vodnik wünscht sich was

Vodniks Frau wartet auf eine Lungentransplantation und deswegen ist der Professor um 6:30 hier oben an der Kapelle, während unten Maribor gähnt und sich den Schlaf aus den Augen reibt.

Wenn man Begegnungen wie die mit dem Professor hat - zu einer Zeit, in der ich mich normalerweise noch mal umdrehe und weiter von Marillenknödeln träume - dann haben Schlafstörungen auch ihre guten Seiten.

Professor Vodnik lehrt Geschichte an der Handels- und Mittelschule, er freut sich mich kennenzulernen, er redet schnell, gerne und in gutem Deutsch.

Während die Sonne aufgeht und die Nebelschwaden über den Buchenwäldern vertreibt, erzählt mir Professor Vodnik von sich und seinen Tagen und warum er hier oben ist.

Jeden Morgen um 4:20 steht er auf. Waschen, Frühstück, Zeitung lesen. Dann läuft er den kiesigen Weg durch die Weinberge und Mischwälder zu dieser Kapelle. Um für sich und 111 andere Menschen zu beten, die nicht mehr so gut zu Fuß sind.

Gute Energien habe dieser Ort, sagt er. Schon die Kelten wussten das. Wünsche gehen hier in Erfüllung. Für den Sohn einer Bekannten hat Vodnik 700 Gebete gesprochen. Plötzlich war der Tumor in dessen Schädel verschwunden. Für seine Frau hat er schon über 1000 Gebete gesprochen. Sie wartet zwar immer noch auf die neue Lunge, aber es geht ihr besser als erwartet. Sie  lebt noch. Gute Dinge brauchen eben Zeit, sagt Vodnik. 

Bevor sich Vodnik dicht an das Gitter presst und seine Gebete der Marienstatue zuflüstert, sagt er noch, ich solle ihn mal besuchen kommen. Er zeigt mir sein Haus, unten in der Stadt. Er wohnt in meiner Straße. Er sei sogar in dem Haus geboren, in dem er heute wohnt, weil seine Mutter Angst vor einer Verwechslung im Krankenhaus hatte.


Vodnik umfasst die Eisenstäbe und erfüllt seine Aufgabe. 30 Minuten dauert es, die Wünsche und Hoffnungen von 111 Menschen weiterzuleiten. Danach läutet er die Glocke auf der Rückseite der Kapelle und hackt mit seinen beiden Wanderstöcken durch den Kies davon.