Donnerstag, 23. August 2012

Wein und Poesie

Schönes Fest gerade in Ptuj: 25 Dichter aus der ganzen Welt tragen ein paar Tage lang ihre Werke in der kleinen Stadt vor, dazu gibt es jede Menge Wein aus der Region, Musik und nettes Essen.

Da alles ganz klein und familiär ist, kann man sich locker mit den Dichtern unterhalten. Am interessantesten fand ich die japanische Delegation. Auf der Bühne standen gestern Ryochi Wago und Keijiro Suga und beide hatten den Tsunami und die folgende nukleare Katastrophe zum Thema.

Nach ihrer Lesung habe ich mit Keijiro unterhalten. Er meinte, dass viele Künstler nach der Katastrophe eine Weile überhaupt nicht arbeiten konnten, keinen Sinn darin sahen, den Schock erstmal überwinden mussten. Erinnerte mich ein wenig an Adorno.

Das Festival geht noch bis einschließlich Samstag. Wer in der Gegend ist, sollte unbedingt hin. 


Mittwoch, 22. August 2012

Abend in Maribor




Union vs Laško

Das sind die beiden Optionen, die einem an Bier hier zur Verfügung stehen. Natürlich gibt's noch allerlei ausländisches Gesöff, aber das zähle ich mal nicht mit. Jedenfalls habe ich mir sagen lassen, dass Union hauptsächlich in Ljubljana, der Hauptstadt, getrunken wird, während in Maribor an jeder Bar das Laško-Schild hängt. Ziemlich süffig, leider bekommt man das nirgends so richtig eiskalt - wie es bei dieser Hitze auf jeden Fall sein sollte. Vielleicht kann mal jemand die entscheidenden Stellen auf dieses Problem aufmerksam machen. Ich wäre sehr verbunden.



Zu Zlatorog, dem Bock im Logo von Laško gibt es eine nette Geschichte: Zlatorog lebte in einem wunderschönen Tal zusammen mit ein paar Feen, die alles grün hielten und Menschen in Not halfen.

Alles war gut.

Aber unweit von Zlatorogs märchenhafter Heimat nahm sich ein junger Jäger vor, den Bock zu jagen, ihm die goldenen Hörner abzuschneiden, um so - dank des neuen Reichtums - an die Tochter eines wohlhabenden Mannes zu kommen.

Er fand Zlatorog in seinem Tal, schoss und traf. Es lag noch Schnee zu dieser Zeit und Zlatorogs Blut tropfte in das kalte Weiß. Daraufhin entsprang dort die magische Triglav-Rose. Zlatorog aß von den Blättern, und siehe, die Wunde schloß sich. Allerdings war Zlatorog jetzt richtig wütend. Erst musste der Jäger dran glauben, und dann rammte sich Zlatorog mit seinen Hörnern durch die Berge und formte so das heutige Triglav-Tal. Zlatorog schnappte sich seine Feen, verschwand und wurde nie wieder gesehen. 

Außer natürlich auf dem Laško-Etikett. Also bei so einer Geschichte ist ganz klar, für welches Bier ich mich entscheide. Wenn es doch aber mal so richtig kalt wäre...

Dienstag, 21. August 2012

Seesuche

Also mit Marleybor ist es wirklich gar nicht so weit her. Hab' hier seit Wochen keinen Regen auf der Haut gespürt, dafür brennt die Sonne jeden Tag stärker und es bleibt warm bis tief in die Nacht.

Eigentlich perfektes See- oder Schwimmbadwetter. Aber bis jetzt habe ich leider noch keine befriedigende Lösung für mein Nässebedürfnis gefunden: Im Freibad auf der kleinen Drau-Insel tummelt sich ganz Maribor zu dröhnender Ibiza-Mucke und Therme müssen ja auch nicht unbedingt sein.

Ein See wär' toll. Hier irgendwo in der Nähe. Hat jemand einen Tip?

Montag, 20. August 2012

Stalag XVIII D


Die Schatten der Vergangenheit: man stolpert drüber, steht plötzlich davor, mitten im Industriegebiet Melje:  Das ehemaligen Kriegsgefangenenlager der Nazis mit dem Namen Stalag XVIII D, eine Außenstelle des Lagers Stalag XVIII A im österreichischen Wolfsberg.

Am 1. Juni 1941 haben die Nazis dieses Lager aufgemacht, kurz nach dem Balkanfeldzug, 4046 Gefangene auf den blanken Boden geschmissen. Ein Jahr später waren es schon 11.444: Franzosen, Briten, Jugoslawen, Russen.

Es gab keine Sanitäranlangen, eine winzige Küche und gerademal drei Ärzte für die Massen. Die Gefangenen starben entweder durch Typhus oder der schwere Winter raffte sie dahin. Die Überlebenden mussten Massengräber für die Toten ausheben.


Freitag, 17. August 2012

Das bisschen Polenta

Tina meinte, ich muss unbedingt zum Bosnier in der Poststraße - das ist die kleine aber feine Ausgehmeile von Maribor - und dort die Polenta essen. Bin eigentlich nicht so der Fan von Polenta, aber dachte mir: what the hell. When in Maribor...

Da stand sie dann also vor mir. Von wegen Vorspeise. Ein Riesenteil: Gebackene Polenta, oben schön Sahne drauf und dazu geriebener, geräucherter Käse.

Nach den ersten drei Löffeln war ich eigentlich satt, wollte aber noch sehen, wie weit ich komme. Keine Chance gegen das Ding.

Als die Kellnerin zum Abräumen kommt und mich anschaut wie einen Kriegsdeserteur, sage ich ihr, "das langt doch für vier!"

Die Kellnerin lächelt nur geringschätzig. "Pah", sagt sie, "ich esse die Portion ganz alleine!" Gut, sie sah auch ein bisschen so aus. Aber welche Konsequenz soll ich jetzt aus diesem Erlebnis ziehen? Meinen Magen trainieren, oder mich in die Niederlage ergeben?

Donnerstag, 16. August 2012

Old School

Der Stadtschreiber ist derzeit ein bisschen klamm, wollte aber am Wochenende unbedingt nach München, um einen guten Freund zu besuchen. Zug ist zu teuer, der Flug erst recht; dazu ist es immer etwas umständlich aus Maribor wegzukommen. Was tun?

Daumen raus und per Anhalter fahren. Schon lange nicht mehr gemacht, ewig eigentlich. Um 9 Uhr morgens stand ich an der Autobahnauffahrt in Maribor. Nach zehn Minuten dachte ich mir schon: hier nimmt dich doch nie einer mit. Vielleicht doch lieber ein Auto mieten?

Per Anhalter fahren ist ein krasses Geduldsspiel. Gar nicht mal so schlecht, auf etwas zu warten. Einfach nur rumstehen, ein Schild in die Luft halten und warten, während die Sonne einem immer mehr auf den Schädel brezelt.

Und plötzlich war ich dann unterwegs. Ein Ingenieur aus Maribor nahm mich mit, erzählte mir etwas über die gute Trinkwasserversorgung in Slowenien. Weil die Drava viel Grundwasser aus Österreich mitbringt; dort hat es im Gegensatz zu hier jede Menge geregnet.

Der nächste war ein Gefahrengutransporteur, der mir einiges über diversen Feuerlöscherbestimmungen in verschiedenen Ländern erzählte. Der hat nur jemand zum Zuhören gesucht, und das war eine Aufgabe, dich ich hervorragend erfüllen konnte.

Ein weiterer Wagen blieb liegen und ich musste das Gefährt wechseln. Lernte so einen jungen Psychologen kennen, der von der Beerdigung seines 21-Jahre alten Cousins kam, und beruflich an der Therapie von Sexualstraftätern arbeitet. Interessanter Typ. Die Täter machen ihm keine Probleme, meinte er. Aber mit dem Opfern zu reden, zerreisse ihm das Herz.

Dazwischen immer wieder Warten. Den gelegentlichen Bockfinger gezeigt bekommen. Oder: "Hey Schmarotzer! Warum suchst du dir keinen Job?"

An der letzten Raststätte vor München musste ich drei Stunden warten. Drei Stunden im Leben einer Raststätte können allerdings auch interessant sein. Ein ständiges Kommen und Gehen und nach 180 Minuten hat man so ungefähr alle Typen gesehen, die es gibt.

Leider viele Rückreisende aus dem Urlaub unterwegs. Die Autos voll mit Familien. Ab und zu noch ein Platz neben dem Kind auf der Rückbank. Wollen aber keinen dubiosen Anhalter neben den Erben setzen. Kann ich sogar verstehen.

Dann - unglaublicherweise - hielt ein roter Porsche Boxster Spyder. "Bist Du sicher?", hab ich den älteren Herrn gefragt, ein Berliner, der seit Ewigkeiten schon in München wohnt.

Dafür hat sich das Warten unbedingt gelohnt. Als der nette Herr merkte, was für einen Spaß ich der Geschwindigkeit habe, drehte er richtig auf, mit 270 km/h Richtung München.

Hört sich jetzt schnell an, aber am Ende habe ich 13 Stunden gebraucht, Tür zu Tür. Aber: you see more, you hear more. Ein kleines Abenteuer zwischendurch.