Mittwoch, 1. August 2012

Von Volkshelden

Es ist gut möglich, an einem Straßennamen hundertmal vorbeizulaufen und sich nicht nach der Bedeutung zu fragen. Aber gerade in einer fremden Stadt bieten solche Schilder eine gute Gelegenheit, sich mit der Geschichte des Ortes auseinanderzusetzen, der Spur der Vergangenheit zu folgen. 

Meine Wohnung liegt in der Maistrova Ulica, direkt am Stadtpark. Um die Ecke befindet sich auch noch der Trg (doch doch, das ist ein Wort) Generala Maistra, der Maisterplatz. Ein General also. Ich schaue mir die Statue an, lese die Inschrift, gehe nach Hause und stöbere in einem Geschichtsbuch über Maribor.

600 Jahre lang gehörte Maribor als Teil der Herzogtums Steiermark zu Österreich. Da hieß die Stadt noch Marburg.

Im Herbst 1918 allerdings wird Österreich-Ungarn aufgelöst. Auftritt General Maister: der erklärt sich zum Stadtkommandanten, setzt den deutschösterreichischen Stadtradt ab, entwaffnet dessen Armee. Schließlich besetzt er das Grenzgebiet und sichert so die nördliche slowenische Grenze. Heute zählt der General Maister zu den Vätern des slowenischen Staates. Gedichtet hat er wohl auch noch, dazu habe ich aber leider nichts gefunden. Schade. Anyone else?





Dienstag, 31. Juli 2012

Vorsicht Künstler

Schon mal in einer Kulturhauptstadt gewohnt? Ich auch nicht. Ist aber ganz nett. Ziemlich nett sogar. Tagsüber kannst Du von Galerie zu Galerie stolpern, Abends Dich an die Drava setzen und Dir ein Konzert anhören. Kannst Menschen treffen wie Heiko Beck Kos. Der hat sein Atelier mitten in der Innenstadt, in einem alten Gewölbekeller. Wahr wohl mal das Restaurant Koper und zweihundert Jahre davor ein Flößerpuff. Jetzt sägt hier Heiko Buchstaben und hängt sie (natürlich in Sätzen) an die Brücken dieser Stadt.

Heiko drückt einem gleich ein Bier in die Hand - "klar, rauchen ist auch erlaubt" - und erzählt mir innerhalb von fünf Minuten seine Lebensgeschichte. Finde ich persönlich etwas befremdlich, vielleicht weil es zu sehr eingeübt daherkommt (wahrscheinlich Teil seines sales pitch). Der Typ ist trotzdem sympathisch und ich mag seine Arbeiten.

Heiko war also mal Eventmanager in Düsseldorf, erzählt er. Nur Geld im Kopf, jeden Tag im Maßanzug durch die Gegend stolziert. Knallhart seine Ziele abgehakt wie: mit 28 muss der Porsche 911 her. Heiko arbeitet immer mehr, verdient noch mehr Kohle.

Tja, was dann? Ganz klassisch: Burnout (wer hat den heute nicht?). Heiko beginnt eine Therapie und aus der wird schließlich Kunst. Sozusagen sein Wendepunkt. Passt ja auch toll zur Kulturhaupstadt Maribor, deren Motto das gleiche ist: "The Turning Point." Immer im Schatten der Hauptstadt Ljubljana, Untergang der ehemaligen Industrie, relativ hohe Arbeitslosigkeit. Die Ansprüche für das Kulturhauptstadtjahr waren groß; allerdings sind aus den 60 Millionen Budget ganz schnell 20 geworden. Das Programm ist dennoch voll, teilweise soso, teilweise aber auch sehr geil. Und wer davon nichts mitkriegt ist selbst schuld.















Hier im Bild übrigens eine Aktion vor seinem Atelier. Umsonst Haare schneiden lassen, im Austausch etwas Ehrliches erzählen. Dazu Bier trinken, rauchen. Tina lässt sich die Frisur von ihrem Ex-Freund (!) schön machen. Könnte auch gefährlich sein, das ganze. Aber von irgendjemandem habe ich noch den Spruch im Ohr: Kunst muss gefährlich sein!


Montag, 30. Juli 2012

Marillenknödelkoma

Zum Glück lesen auch die Leute vom Kulturhauptstadtbüro diesen Blog und haben sich gedacht: "wir können den Gareis doch nicht nach Österreich fahren lassen. Da sehen wir gar nicht gut aus." Also haben sich am Wochenende sogar zwei Mamas erbarmt und Marillenknödel gezaubert.

Hier steht Mama Isa am Herd und wendet die Knödel in einer Mischung aus Butter, Semmelbröseln, Zucker und Zimt. Den Knödelteig hat sie auch noch mit Topfen verfeinert. Alleine schon der Duft war himmlisch.

Tja, was soll ich sagen? Was kann ich anderes sagen, als: die Teile waren absolut fantastisch. Ist es nicht wunderbar, wenn Träume in Erfüllung gehen? Man muss sich nur die richtigen Dinge wünschen.























Und da ich nicht wusste, ob ich so eine Einladung noch mal bekomme, habe ich mir den Bauch dermaßen vollgeschlagen, dass mir danach - natürlich - schlecht war. Die Marillenknödel hatten überhaupt keine Chance gegen mich, sind regelrecht untergegangen im Angesicht meiner Angriffstaktik. 7:0 für Fredy.  Mission accomplished.


Hvala an Isa und Tinas Mama. Hvala lepa.

Freitag, 27. Juli 2012

Rätsel gelöst

So, das Mysterium der "Fieberbläschen" ist aufgeklärt. Gott sei Dank. Konnte kaum noch schlafen deswegen.

Im slowenischen Original stand auf der Speiskarte "ocvirki". Das sind wohl Grieben. Das Wort kann allerdings auch mit Herpes übersetzt werden. Lecker.

Ein  eiskaltes Laško geht, wie versprochen, an Amalija Macek. Na zdravje!

Donnerstag, 26. Juli 2012

WTF?

Was in Gottes Namen haben "Fieberbläschen" auf einer Speisekarte zu suchen? Ich habe ziemlich lange überlegt, was das denn sein könnte, bin aber auf keine Lösung gekommen. Die Kellnerin konnte auch nicht weiterhelfen.


 Wer also sachdienliche Hinweise zur Aufklärung dieses Rätsels hat, bekommt von mir ein eiskaltes Laško. Versprochen. 

Mittwoch, 25. Juli 2012

Marillenknödelodyssee

Mein absolutes Lieblings-Dessert - allerdings habe ich es noch nie probiert (Hört sich komisch an? Ist aber so). Mir immer nur vorgestellt, wie diese Mischung aus geschmolzener Aprikose, dem süßen Teigmantel drum herum, den knusprigen, buttrigen Streuseln, wohl schmecken muss. Es kann einfach nichts besseres geben. No way.

Und irgendwie war ich der Meinung, dass es hier in Maribor auf den Karten der Restaurants nur so von süßen Knödeln wimmeln würde, ja, dass sie vielleicht sogar eine eigene Rubrik haben.

Gleich am ersten Abend bin ich anstatt zum Essen auf die Suche nach Marillenknödeln. Maribor hat doch so viele traditionelle Restaurants, manche davon in alten Gewölbekellern, ich würde bestimmt nicht lange suchen sondern finden und bestellen und die Objekte meiner Träume verschlingen und dann gleich noch mal bestellen.

Die Marillen sind auch noch gerade in Saison. Lachen mich mit rosigen Bäckchen aus den Stiegen der Obststände an. 

Von Restaurant zu Restaurant, von Café zu Café werde ich ratloser und, muss ich zugegeben, auch ein wenig aggressiv. Ich finde Pfannkuchen mit Marillenmarmalade, Croissants gefüllt mit Marille, Marilleneis, Marillenkuchen, Marillenschnaps. Alles Gute da, was eine Marille so werden kann. Außer Marillenknödel! Es ist zum Heulen. Von den Kellnern bekomme ich nur ein müdes Schulterzucken, was mich wiederum dazu nötigt, eines der slowenischen Wörter einzusetzen, die ich gerade gelernt habe: prekleto - verdammt.

Nicht nur, dass die Kellner mit den Schultern zucken und sagen: "Bei uns gibt's nur Pfannkuchen." Nein, viel schlimmer noch. Sie alle behaupten, dass aber ihre Mütter wirklich ganz vorzügliche Marillenknödel machen, die besten weit und breit.

Bei weiterem Nachdenken erscheint mir das dann doch logisch. Marillenknödel sind so eine Speise, die einem die Mutter oder die Oma macht, die einen zurückholt an den Küchentisch der Kindheit.

Die nächsten Tage immer wieder das gleiche, immer wieder diese Mütter und ihre geheimen Kochkünste, zu denen ich keinen Zugang habe. Irgendwie fühle ich mich diskriminiert.

Während ich meine nächsten Schritte plane, ruft meine Freundin an. Sie ist in Österreich, sitzt an einem Küchentisch aus schwerem Holz und kann kaum reden, weil sie - genau - den Mund voller Marillenknödel hat. Bei der Mutter einer Freundin hat sie den Zugang gefunden, der mir so dringend fehlt. Prekleto!

Und dann, dann finde ich sie doch noch, meine Marillenknödel. Tiefgefroren in einer schmucklosen Packung. Im Lidl. Ausgerechnet im Lidl! Kaufen konnte ich sie allerdings nicht. Ich warte lieber, bis sich jemand erbarmt und mich nach Hause einlädt. Nicht, dass ich am Ende deswegen noch nach Österreich fahren muss.

Dienstag, 24. Juli 2012

Gewitterlohn


"Das Lachen ist der Regenbogen,
der dunklem Grund des Sturmes entsteigt"

                                       Anastasius Grün