Montag, 10. September 2012

Deutscher Radiopreis in Hamburg

Anderthalb Stunden gefiebert, aber dann wurde es leider doch nichts. Ich war nominiert für den Deutschen Radiopreis 2012 in der Kategorie "Beste Reportage". Der Preis ging dann an eine Geschichte über Gaddafi und ich war wirklich froh, als die Entscheidung durch war. Konnte nämlich die ganze Zeit vor lauter Aufregung nichts essen, hab kaum ein Wort geredet, obwohl bei mir am Tisch so ein berühmter Gast wie Bundespräsident a. D. Weizsäcker saß.

Der ist mittlerweile 92 Jahre alt, braucht zwei Gehstöcke und zwei Hörgeräte, will aber immer noch jedesmal aufstehen, wenn er eine Frau begrüßt - ganz alte Schule. Allerdings hat er dafür auch die Laudatio auf den Preisträger zweimal gehalten. Zum Glück hat sich keiner getraut ihn zu unterbrechen.



Robbie Williams war auch da und hat die Frauen an den Rande der Ohnmacht gebracht; vor der Halle wies ein roter Teppich den Weg zur Veranstaltung. Bin auch drüber gelaufen, mich hat aber komischerweise niemand dabei fotografieren wollen.

Eigentlich schon eine merkwürdige Veranstaltung. Sehr pompös, etwa 1000 Gäste, viel Prominenz, das ganze live in TV und Radio übertragen. Aber am Ende ging es nur darum, sich selbst zu feiern. Die Preisträger selbst waren eher unwichtig; den Nominierten wurden auch weder Anreise- noch Hotelkosten gezahlt. Das war eher traurig. Schade auch, dass ich meine vorbereitete Rede nicht halten konnte. Vielleicht beim nächsten Mal.


Freitag, 7. September 2012

Clinton, Mandela und Ich

Sie ist die Sehenswürdigkeit in Maribor: Die alte Rebe. Angeblich die älteste noch weintragende Rebe der Welt. Steht zumindest so im Guiness Buch der Rekorde.

Die Trauben der Sorte "Blauer Kölner" wachsen an einer Pergola mit Südseite in der Nähe der Drau. Zu sehen ist diese Formation schon auf Stadtgemälden aus den Jahren 1657 und 1681. Im zugehörigen Gebäude befindet sich ein kleines Museum, eine Vinothek und der Sitz des slowenischen Weinritterordens - das ist doch mal ein Name.


Mittlerweile zieht die "Rebe" zahlreiche Touristen an, vor allem zum Schnitt im Frühling und zur Ernte im Herbst. In den 80er Jahren sah das alles noch ganz anders aus, die Rebe war schon fast hinüber.


35-60 Kg Trauben werden jedes Jahr geerntet. Das ergibt gerade mal 100 Fläschchen zu 0,25 Liter, die dem Bürgermeister für protokollarische Zwecke zur Verfügung gestellt werden. Das heißt: kaufen kann man das gute Stöffchen nicht, man bekommt es geschenkt. So wie Bill Clinton oder Nelson Mandela. Frage mich, ob der Stadtschreiber bis zur neuen Abfüllung berühmt genug ist, ebenfalls so ein edles Geschenk zu erhalten. Dann wird mein Name endlich in einem Atemzug mit Clinton und Mandela genannt. Zumindest in Maribor.

Donnerstag, 6. September 2012

Hitler in Maribor

Hitlers Hunger nach Land und Macht ließ ihn im April 1941 den nördlichen Teil Sloweniens annektieren. Er fuhr sogar persönlich nach Maribor, die einzige Stadt im Balkan, in die er sich damals getraut hat.

Die nach der Slowenisierung verbliebenen Deutschen begrüßten zunächst die Annektion, dann merkte das Bürgertum aber ziemlich schnell, dass die Nazis sich zuerst an der Kultur zu schaffen machten, sich alles unterwarfen, das Leben zum Erliegen brachten und dann versuchten auszulöschen.



Terror, Vertreibungen, Internierungen folgten als die üblichen Werkzeuge der Nazis. Zahlreiche Slowenen fielen im nationalen Befreiungskampf gegen die deutschen Besatzer. Ihnen ist das "Denkmal des nationalen Befreiungskampfes" gewidmet. In seinen Fuß sind Zeitungsauszüge gestanzt, Namen um Namen, die von den Nazis vernichtet wurden - damals veröffentlicht, um allen mittzuteilen, was es kostet, einen eigenen Kopf zu haben.

Immer wieder erschütternd, wie ausufernd das Leid war, das Nazideutschland verursachte. In der Schule lernst Du einfach nicht über wirklich alle diese Länder, die Hitler auffressen wollte, über die Reaktionen der Bevölkerung, ihren Widerstand, ihre Opfer. Ein Thema so komplex, dass man sein ganzes Leben damit zubringen könnte, alle Geschichten aller betroffenen Seiten zu erfahren.

Mittwoch, 5. September 2012

Furchen im Flur

Einer dieser verdammten Tage, an denen ich nichts mit mir anzufangen weiß. Den Computer aufgeklappt, zugeklappt, wieder auf, wieder zu. Furchen in den Flur gelaufen, dann durch alle drei Zimmer meiner Wohnung. Gespült, aufgeräumt, gewaschen. Wollte nicht vor die Tür, wollte aber auch nicht drin bleiben. Zu unruhig zum Lesen, zu kaputt, um Sport zu treiben.

Keine Ahnung, wo diese Tage herkommen; sie sind schon morgens da, wenn ich die Augen aufmache und ich sofort weiß, das wird heute nix. Lieber im Bett bleiben und zwischen Träumen und Wachen driften.

Mich irgendwann an mein Buch gesetzt, paar Seiten gelesen, die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen: was für einen Mist habe ich da produziert? Das Manuskript wieder in die Schublade gelegt. Auf und ab gelaufen. Dann endlich doch vor die Tür gegangen, hinein in den Park, nachdem es gerade geregnet hat, mich an einen der drei Teiche gesetzt, den Duft von Tannen, Buchen und Eschen geschmeckt, altes Brot an die Enten und Schildkröten verfüttert. Überraschend beruhigende Tätigkeit, fast hypnotisch. Kleiner Lichtblick an einem dunklen Tag.

Dienstag, 4. September 2012

Leseliste August

Wundervoll so viel Zeit zu haben und sich wieder Büchern widmen zu können. Vielen Büchern. Am besten mehrere gleichzeitig und in der Breite lesen.

Folgend, was ich im August verschlungen habe. Vielleicht braucht ja jemand eine Anregung:

"Erfolg" von Lion Feuchtwanger. Großartiges Porträt oder besser Psychogramm der Münchner und Bayerischen Gesellschaft der 20er Jahre im emporstrebenden Nazismus. Sprachlich und stilistisch inspirierend. An der Journalistenschule wurde mir beigebracht, Adjektive um jeden Preis zu meiden. Feuchtwanger zeigt, wie man sie richtig benutzt.

"The Master and Margarita" von Mikhail Bulgakov. Eine surrealistische Marathon durch Stalins Moskau, bei der man sich fragt, ob der Autor nicht vielleicht doch LSD zu sich genommen hat. Vorstellungsgewaltig, philosophisch und irreführend beschreibt Bulgakov wie der Teufel in Gestalt des Professor Woland in Moskau landet und sich die Stadt und ihre Bewohner unterwirft. Klassiker der russischen Literatur.

"Geschichte eines Deutschen" von Sebastian Haffner. Wer immer noch glaubt, die Nazis seien auf einmal da gewesen und haben die Macht an sich gerissen, sollte Haffners sehr persönliche Erinnerungen von 1914-1933 lesen. Eigentlich sollte jeder sie lesen. Guter Einblick in die Ereignisse, die die Nazis erst möglich gemacht haben. Wundervoll erzählt von einem hochintelligenten Kopf.

"Mit Gottes Segen in die Hölle. Der Dreißigjährige Krieg" von Hans Christian Huf. Bisschen geschrieben wie eine TV-Reportage, aber hochinformativ und beängstigend, welch apokalyptischen Zustände in dieser Reihe von Kriegen geherrscht haben. Alles im Namen des Herrn.

"Unter dem Schatten deiner Flügel" von Jochen Klepper. Auszüge aus Kleppers Tagebüchern von 1932-1942. Habe selten etwas deprimierendes gelesen. Klepper sieht die Machtübernahme der Nazis und weiß sofort, dass nichts mehr gut wird, denn er ist mit einer jüdischen Frau verheiratet. Das Schriftleitergesetz der Nazis schließt ihn aus seinen beruflichen Tätigkeiten aus, er schreibt trotzdem weiter, aber alles, einfach alles geht den Bach runter, bis er mit seiner Familie in den Freitod geht.

"Der ersten Deutschen" von S. Fischer-Fabian. Genau und unterhaltsame Geschichte der Germanen.

"Marburg" von Rudolf Pertassek. Stadtgeschichte Maribors. Sehr zahlenlastig und nur in Etappen zu lesen.

"The Art of Fiction" von John Gardner. Standardwerk über das Schreiben. Ziemlich theoretisch bisweilen, aber dennoch mit vielen guten Ratschlägen.

"Die 100 beliebtesten deutschen Gedichte" herausgegeben von Dirk Ippen. Sozusagen auch ein Standardwerk: Goethe, Mörike, Heine.

"Sämtliche Gedichte" von Ingeborg Bachmann. Einfach nur wunderschön. Lesen!

"In schwarz blühen die schönsten farben" von Regina Hilber. Ziemlich wortakrobatische Gedichtzyklen. Bin mir noch nicht sicher, ob ich dahinter gestiegen bin. 


Montag, 3. September 2012

Schulanfang

Im Mariborer Zentrum fühlt es sich gerade an, als wäre eine ganze Stadt aus dem Urlaub zurückgekehrt. Der Geräuschpegel liegt um mindestens zehn Dezibel höher, und die Jugendlichen begehen ihren ersten Schultag nach den großen Ferien damit, dass sie sich mit Filzstiften vollkritzeln.


Bratkartoffeln und Regenschirmspitzen

Hatte mich schon seit einer Woche auf die Mutter aller Festivals gefreut: Das Fest der Bratkartoffel! Leider ein bisschen ins Wasser gefallen. Die ganze Zeit eitel Sonnenschein in Maribor, nur am Tag der Bratkartoffel, an dem 70 Stände in der Innenstadt ihre Riesenpfannen aufgestellt haben, schifft es so stark, dass ich mehr Regenschirmspitzen im Augen hatte als Bratkartoffeln im Mund. Shame.


Es gibt sogar einen Bratkartoffelclub, jawohl, und bei Beitritt verpflichtet man sich unter anderem dazu, mindestens einmal im Monat im Freien eine Portion Bratkartoffeln zu essen. Lustige Sache. Vielleicht trete ich diesem Verein auch bei.