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Montag, 17. Dezember 2012

Mein Mariborer Zimmer*

Meine letzten Tage in Maribor. Ich fange langsam an zu packen und wundere mich, wo denn der ganze Kram denn auf einmal herkommt.

Vor meinem Fenster hat der Winter dem Herbst das Kleid ausgezogen. An manchen Tagen fällt Schnee, leider noch zu weich, zu warm, er bleibt nicht liegen. Außer vielleicht auf dem Pohorje, und das ist ein Blick, den ich im flachen Berlin vermissen werde: wie diese schwere Waldschulter in das Land reinreicht, mächtig, aber nicht bedrohlich.

Was packe ich ein, was nehme ich mit, denke ich mir während der eine Koffer schon mit lauter Büchern gefüllt ist und ich langsam nicht mehr weiß, wohin mit den Klamotten, ich bin doch gar nicht mit so viel gekommen.

Zum Glück ist das meiste, das ich aus dieser Stadt mitnehmen werde, virtuell: die Bilder, die Momentaufnahmen, die mein Geist hier in Maribor gemacht hat, das sind die Dinge, die mit mir auf die Reise gehen, und die ich gleichzeitig vermissen werde.

Eben den Blick auf den Pohorje zum Beispiel. Oder der Blick aus meinen Fenster auf den Stadtpark.
Überhaupt der Stadtpark, der mir im Schatten seiner majestätischen, ausladenden Bäume erlaubt hat, klar wie selten zu denken, mich ein bisschen wie Epikur fühlen ließ, der einmal sagte: “Dumme rennen, Kluge warten, Weise gehen in den Garten.” Diese erdige und laubige Luft wird mir fehlen, ebenso wie um die Teiche zu schlendern, Enten zu füttern, bis mir eine Idee in den Kopf schießt, mich zu erschöpfen, indem ich mehrmals auf den Piramidenberg laufe und oben die Glocke läute, immer mit dem gleichen Wunsch, dann den Ausblick einatme, das Panorama sich in meine Seele brennt.

Ich werde meinen morgendlichen Weg in die Stadt vermissen, Graiska Ulica entlang, einen Gruß an die mächtige Platane entrichtend, die rauchenden Schüler drumherum, den Gang vorbei am Rittersaal, meinen Kaffee auf dem Schloßplatz und die fünf Minuten, in denen ich den slowenischen Frauen erst in die braunen Augen und dann auf den Arsch geschaut habe.

Jetzt, während des Packens, wäscht eine Welle der Erinnerung über mich, obwohl ich noch hier bin, in Sloweniens zweiter Stadt, die meine Nummer 1 war. Der Blick von der Stadtbrücke in den Sonnenuntergang, wenn die Berge anfangen bläulich zu schimmern und die Kirchturmspitzen von St. Urban und der heiligen Roaslia glühen.

Vielleicht werde ich gelegentlich an den Platz unter der Trauerweide neben dem Wasserturm denken, an dem ich so viele Stunden mit meinen Texten und vor allem einigen Gläsern Weißwein verbracht habe. Hm ja, der Weißwein, auch den werde ich vermissen, nicht allerdings den Wein der alten Rebe. Der kann mir, das muss mir erlaubt sein, gestohlen bleiben. Bevor ich am Donnerstag in den Zug steige, werde ich mir noch einen Apfelstrudel bei der Bäckerei Sonne in der Razlagova holen, vielleicht sogar zwei, weil dieser Apfelstrudel in seinem reichen Teig mit der ausladenden, barocken Füllung der beste ist, den ich je gegessen habe. Jeder Besuch bei mir aus Deutschland hat diesen Strudel zum Frühstück bekommen und jeder sagte mit vollem Mund: “Backen können sie anscheinend, die Slowenen.”

Die Slowenen können noch einiges mehr, vor allem sind sie ganz gut darin, das Leben zu genießen, auch wenn sie sich vielleicht gerne beschweren. Dennoch fallen sie oft spontan in ein weinseliges Lied, so dass man sie vielleicht auch als steirische Iren bezeichnen könnte.

Die Slowenen wohnen auf einem wundervollen Flecken Erde, von dem viele noch nichts wissen - warum?, frage ich mich und freue mich doch, weil ich so den Entdecker spielen konnte. Diese “hedonistische Lethargie” wie Andrej Brvar sie beschreibt, die werde ich wirklich vermissen.
Ebenso die kleineren Dinge wie das Wort “Pridi”, bei dem ich mich immer umdrehen musste, weil ich dachte jemand ruft nach mir. Meinen Namen höre ich nämlich eher selten. Dann sind da die dreikonsonantigen Zungenbrecher wie Trg oder Vrt und mein Lieblingswort Adrenalisnki. Gelegentlich werden sie mir bestimmt in den Sinn kommen, plötzlich und ohne Ankündigung und vielleicht werden dann auch in einer Gedankenecke Männer in Trainingsanzügen rumstehen, die versuchen an den schönen Frauen so wenig Interesse wie möglich zu zeigen.

Langsam leeren sich die Schubladen in meiner Wohnung auf Zeit. Dinge wandern entweder in den Koffer oder in den Papierkorb, da stoße ich auf den Anfang meiner Zeit in Maribor. Eine Tüte mit der Aufschrift - wie soll es anders sein? - Kulturhauptstadt 2012, mein Begrüßungsgeschenk. Es stand die ganze Zeit in der Ecke. Ehrlich gesagt, habe ich die ganzen Monate nicht mehr reingeschaut, doch jetzt beim Aussortieren, nehme ich dieses Metallstück in der Plastikpackung heraus. Ich hatte es am Anfang schon mal in der Hand, ich erinnere mich, und dachte es wäre einfach eine Plakette mit einer Inschrift, was man so halt produziert an Gedenkstücken eines großen Ereignisses. Jetzt öffne ich es ganz, und siehe, es ist ein Kreisel. Ein richtig schwerer Metallkreisel. Für die nächste halbe Stunde lenkt er mich vom Packen ab, ich fühle mich wie ein Kind mit einem Spielzeug und dennoch mit den Gedanken eines Erwachsenen, der gerade Abschied nimmt.

Jedenfalls lasse ich den Kreisel über verschiedene Oberflächen wirbeln, über den Küchentisch, das Linoleum, das Parkett im Wohnzimmer, den Steinboden auf dem Balkon. Holz mag der Kreisel am liebsten, dann windet er sich fast endlos, fast wie ein Perpeteuum Mobile, und während ich ihm dabei zuschaue, und meine Gedanken über Maribor und Slowenien ebenso in meinem Kopf kreisen, die Erinnerungen sich schon festigen, bevor sie komplett zur Vergangenheit gehören, denke ich an die Dinge, die ich nicht mehr geschafft habe: Ich wollte eine Nacht hoch oben im Wächterzimmer der Stadtpfarrkirche verbringen, hören und sehen und riechen, wie die Stadt aufwacht, lebt und später wieder zu Bett geht. Ich wollte mich unterhalten mit der Frau, die oft in der Gosposka steht, sich wiegt, a capella singt und dabei eine Perücke trägt. Mit dem Puppenspieler an der Ecke Jurčičeva gegenüber vom Müller wollte ich reden, mit dem Mann, der auf die Rückseite seiner Jacke Hammer und Sichel gestickt hat.

Ich wollte doch noch auf dem Pohorje zelten, ganz alleine im Wald, diesem fantastischen, dunklen, bedrohlichen, beschützenden Wald, der mich immer an die Märchen der Gebrüder Grimm denken lässt. Ich wollte doch noch die ganze Drau mit dem Fahrrad langfahren, wollte eine Kneipentour durch die kleinen Nachbarschaftsbars im alten Eisenbahnerviertel unternehmen, wollte klettern gehen im Karst, die marinblaue Soča entlangpaddeln, mit Boris Pahor und Slavoij Žižek reden.

Aber man kann nicht alles machen, so ist das nun mal. In ein paar Tagen werde ich dieses Zimmer, diesen Raum, den ich mir neu eingerichtet hatte, abschließen und nach Hause fahren. Den Schlüssel werde ich behalten und beim nächsten Mal das nachholen, wozu nun die Zeit fehlte. Bis dahin werde ich von meinen Erinnerungen zehren, wie mein Körper von den zahlreichen Apfelstrudeln.

*Text aus der Abschlusslesung in Maribor






Freitag, 14. Dezember 2012

Der Wendepunkt*

Entgegen meiner üblichen Gepflogenheit waren meine ersten beiden Wörter auf slowenisch nicht etwa “Danke” oder “Bitte”, sondern “Zavrtimo Skupaj”. Nicht weil ich mir das ausgesucht hätte, weil ich die beiden Wörter zusammen so gutaussehend fände und sie auch noch leicht auszusprechen wären. Nein, einfach weil sie das Motto der Kulturhauptstadt bilden: Der Wendepunkt.

Überall sprangen mir bei meinen Streifzügen durch die pflastersteinige Innenstadt diese beiden Wörter ins Gesicht, immer in Verbindung mit dem ebenfalls allgegenwärtigen Logo.

Irgendwann habe ich aufgehört darüber nach zu denken. Bis ich mich in stillen Stunden nicht nur mit mir sondern auch mit der Geschichte Maribors anfing auseinanderzusetzen.

Nach und nach merkte ich, dieser Wendepunkt, der die Stadt von einem ehemaligen Industriezentrum in etwas anderes verwandeln soll, er ist nicht der einzige in der Geschichte. Ganz im Gegenteil: alleine im 20. Jahrhundert hat sie dreimal ihre Identität gewechselt. Dazu muss man ja nur mal auf die Straßennamen schauen, wie Drago Jančar in seinem Buch “Nordlicht” schreibt: Aus der Goethestraße wird die Prešerenstraßen, dann löste ihn Goethe wieder ab, am Ende siegte aber doch der slowenische Dichter. So erging es den meisten Straßen und Plätzen in dieser Stadt, die immer wieder aus ihrer Identität gerissen wurde, durch das Zusammenbrechen von Reichen, durch Besatzungen, durch Befreiungen, durch das Platzen von großen Ideen und das kindstotplötzliche Sterben der Industrie. Ein Übermaß an Geschichte sozusagen.

Also ist die Stadt, die Stanko Majcen 1963 als eine von “Zwieblen, Knoblauch, Schweinfleisch, Geflügel und Fett” beschrieb, wieder an einem Wendepunkt. Ein neues Image soll her. Neues Leben. Eine neue urbane Identität, weg vom alten Industriezeitalter, mit Vorliebe in eine progressive, kreative und kulturelle Richtung. Und das ist eine ganz schön große Bestellung.

Vor ein paar Wochen saß ich im Publikum bei einer Podiumsdiskussion mit Leuten aus der EU und noch ein paar anderen Offiziellen und es ging darum, was der Titel Kulturhauptstadt für einen Ort bedeutet. Irgendwann döste ich ein bisschen, wachte aber auf, als die blonde Dame von der EU meinte, dass der Stadtschreiber dabei geholfen hätte Maribor auf der europäischen Karte zu verorten.

“Wirklich? Ich?” Ich hörte hin, ganz konzentriert jetzt, gar nicht mehr müde, war doch plötzlich ziemlich spannend das ganze.

Ja, wegen mir wäre Maribor nun ein Begriff in den kulturellen Zentren Europas, in Berlin, Paris, Barcelona, sogar in New York gebe es schon Bewegungen nach Maribor zu ziehen in diesen neuen Hotspot der Kreativität: Berlin, rück rüber! Und alles nur wegen meines Blogs.

Kaum zu glauben, dachte ich. Wußte gar nicht, dass so viele meinen Blog lesen. Ich schüttelte meinen Kopf und damit landete ich leider wieder in der Realität, die Dame zitierte Zahlen aus dem Tourismusbereich und referierte über Städte in England, die es geschafft hätten, diese Bürde der untergegangen Industrie abzulegen: Liverpool etwa, oder Manchester. Es war überhaupt keine Rede vom Stadtschreiber. Na gut, ein schöner Traum, ich döste wieder ein.

Ein paar Tage später dachte ich über meine Heimatstadt nach, über Rüsselsheim, ebenfalls eine traditionelle Arbeiterstadt, das große Opelhauptwerk hat es berühmt gemacht (zumindest in der Autobranche). Aber seit Jahren gehen die Produktionszahlen und damit die Arbeiterzahlen in den Keller. Die Stadt blutet aus und gerade im kulturellen Bereich tut sich nicht sonderlich viel. Sogar die heiligen Haupthallen stehen jetzt leer, einst Kathedralen des industriellen Zeitalters. Und was macht die Stadt? Sie diskutiert ernsthaft über ein neues Shoppingcenter. Als wäre Konsum die Lösung, Hauptsache die Leute können sich mit irgendwas beschäftigen. In diesem Sinne neide ich Maribor diesen Status, und ja, es ist nie sicher, was hinten bei rauskommt, aber irgendwas muss man ja probieren, nicht wahr? Hermann Hesse zum Beispiel sagte: “Man muss das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen.”

Wendepunkt. Ich mag das Wort; erinnert mich irgendwie an Henry Miller an Alkohol, Zigaretten und Sex. Oh, Moment, das war Wendekreis des Krebses, nicht Wendepunkt.

Egal, jetzt sind die Gedanken da.

Passenderweise war Maribor für mich selbst auch ein Wendepunkt. Hatte ich vorher lange als Journalist gearbeitet - ein toller Job, aber auch scheiß’ stressig und die Krise in den Medien ist auch nicht wirklich lustig - kam ich nach Maribor mit einem Stipendium, das es mir erlaubte Abstand davon zu nehmen. Das tat ich. Genoß die Stadt, lernte sie und ihre Geschichte kennen, ging in Galerien und auf Konzerte, wanderte im Wald, aber am wichtigsten: ich konnte meine Gedanken in Stille entfalten und meine Stimme finden. Ideen nicht nur haben, sondern auch umsetzen und ausarbeiten. In aller poetischen Ruhe.

Ich habe das Gefühl gewachsen zu sein. Von dem, was ich von langjährigen Einwohnern höre, ist Maribor ebenfalls gewachsen. Und vielleicht wird es weiter wachsen, vielleicht aber auch schrumpfen, denn eines sollten wir nicht vergessen: es liegt in der Natur der Dinge, zu wachsen und zu schrumpfen, zu wachsen und zu schrumpfen. Städte, Länder, Nationen und Staaten steigen auf - und fallen auch wieder. So war es immer und so wird es wahrscheinlich immer sein.

Aber ich will an das Gute für Maribor glauben, daran, dass die jungen Leute hoffentlich nicht abwandern, nach Ljubljana oder ins Ausland, daran dass vielleicht einmal wieder Boote auf den Drei Teichen fahren, die Menschen an der neuen Promenade an der Drau flanieren. Vielleicht wird es sogar slowenische Restaurants in der Innenstadt geben, was mich persönlich sehr freuen würde, vielleicht wird Maribor aber auch zum Hauptquartier des Weintourismus in Slowenien, wenn die Welt erstmal merkt wie gut dieses Tröpfchen ist. Und das Wein und Kreativität zusammen gehen, wissen wir ja schon von den slowenischen Dichtern. Vor allem einer fällt mir da ein, wie heißt er noch mal, ja genau, Janko Glazer:

"Von allen Städten ist Maribor sicherlich am besten,

denn der Wein fließt in unsere Gläser

aus dem Osten und aus dem Westen"

*Text aus der Abschlusslesung in Maribor

Mittwoch, 12. Dezember 2012

Lesung Nr. 3

Doch mit einem kleinen Schuss Wehmut meine letzte Lesung in Maribor absolviert. Die Texte waren entsprechend alle etwas auf Abschied gebürstet: beim Packen und Aufräumen war ja noch mal richtig Zeit zur Reflektion der vergangenen Wochen und Monate.

Ich war sehr froh über die ordentliche Anzahl an Zuhörern, kein Vergleich mehr zu meiner Vorstellung als Stadtschreiber im Juni. Das waren noch Zeiten. Da lag alles noch vor mir, die Stadt, das Land, die Slowenen - alles war mir fremd.

Werde in den nächsten Tagen noch die Texte der Lesung hier veröffentlichen und dann und damit auch langsam aber sicher Adio Maribor sagen. 

Freitag, 30. November 2012

Einladung zur Abschlusslesung

Gerade fliegt mir die Zeit davon und ich sehe mich schon in Berlin auf dem Weihnachtsmarkt. Davor steht aber noch meine Abschlusslesung in Maribor an, was heißt, dass ich am Wochenende noch fleißig ein paar Texte für das (jetzt) verwöhnte Publikum von Sloweniens "Second City" zimmern muss.

Ich freue mich (natürlich!) über zahlreiches Erscheinen von Interessierten an den Stadtschreibergedanken. Die Lesung findet statt am Montag, 3.12.2012, um 18:00 in der Vetrinjska ulica 30.

Dienstag, 20. November 2012

Lesung Nr. 2

Das war eine ganz andere Nummer als die erste, damals in Ljubljana. Diesmal war die Lesung gleich Teil eines Seminars am Germanistik-Institut der Universität in Maribor und lief unter dem Titel "Archäologie der Fremde".

Ich wußte vorher nicht so genau, was mich erwarten würde. Der Prof. Dejan Kos hatte mir zwar gesagt, dass die Studenten etwas in der Richtung von Essays vorbereiten würden, aber ich war dann doch überrascht, als mir klar wurde, dass sich da Referatsgruppen gebildet hatten, die sich einzig und allein mit mir und dem Blog des Stadtschreibers beschäftigen mussten.

Also: ich fühlte mich wirklich sehr geehrt, auch wenn ich natürlich weiß, dass diese Entscheidung von den Studenten nicht freiwillig getroffen wurde. Aber die meisten haben sich wirklich Mühe gegeben: sezierten meinen Blog nach den Gesichtspunkten "Geschichte, Kulinarik, Sport, Bildung und Kultur", zitierten aus meinen Texten (Wahnsinn!) und stellten mir eine Menge kluge Fragen.

Nach dieser sehr interaktiven Phase, für die ich mich hier nochmal bei den Studenten bedanken möchte, habe ich ein paar neue Texte gelesen. Vor allem eine Geschichte über den Martinstag, den unbeliebten Bürgermeister (hätte nicht gedacht, dass allein sein Name solch' eine Reaktion auslösen kann) und Stereotype über Slowenen schien ziemlich gut angekommen zu sein, mal nach dem Gelächter beurteilt und wenn Studenten lachen ist ja schon was gewonnen - außer sie haben über mich gelacht.

Mein Dank gebührt auch Dejan Kos für die Idee und das inspirierende Eingangsreferat, sowie Veronika Haring für die Organisation. Hvala lepa.

Allerdings, bei aller Freude, eines ist mir dann doch negativ aufgefallen: im Gegensatz zu meiner ersten Lesung gab es für den Stadtschreiber keinen Whisky. Gut, vielleicht ist um die Mittagszeit auch einfach zu früh dafür.

Donnerstag, 8. November 2012

Das Ende naht

Wie der Herbst geht auch langsam meine Zeit hier in Maribor zu Ende. Im Dezember werde ich wieder in Deutschland sein; jetzt sitze ich gerade an der Vorbereitung von zwei Lesungen, sortiere die Themen, über die ich noch vor meiner Abreise aus dieser schönen Stadt schreiben will.

Und während ich so über meinen Papieren brüte, dachte ich, falls jemand von Euch noch etwas hat, über das ich unbedingt schreiben sollte, dann her mit dem Vorschlag. 

Dienstag, 30. Oktober 2012

Casino bourgeois

Nette Ausstellung im ehemaligen Casino (schade, dass es keins mehr ist) über das Bürgerturm hier zwischen den Kriegen. Da sind ein paar ganz interessante Informationen, Bilder und Memorabilia dabei, wie zum Beispiel die Taschenapotheke im dritten Bild. Hab' ich auch noch nie von gehört.




Donnerstag, 25. Oktober 2012

Ein Gespenst geht um in Maribor

Eigentlich sind es sogar zwei: das eine ist der Winter (oh nein, kein Kaffee mehr, kein Wein, kein Bier in der Sonne auf dem Schloßplatz), das andere die Frage der Nachhaltigkeit eines Kulturhauptstadtjahrs.

Gestern wurde zu letzterem in Maribor diskutiert. Die Rede war von den langfristigen kulturellen, ökonomischen und sozialen Vorteilen dieses Titels, vom Prestige und dem Gewissen, dass Maribor nun europaweit ein Begriff sei.

Drago Jančar war auch auf dem Podium und bemängelte allerdings, dass keines der geplanten Infrastruktur-Projekte verwirklicht wurde. Er fand aber auch, dass die Stadt durch den Einfluss der kulturellen Veranstaltungen, durch die Künstler und die Touristen wärmer geworden sei, dynamischer.

Was davon bleibt, wird sich erst viel später zeigen, über so viel war man sich klar. Auch darüber, dass ein neues Image (von der Industrie- zur Kulturstadt) nicht in einem Jahr erreicht werden kann. Das Motto des "Turning Point" müsste eigentlich weit über den kommenden Winter hinaus beackert werden.

Ich werde mal bei Gelegenheit mal schauen, wie sich das Kulturjahr in Zahlen übersetzen lässt.

Ars Scribendi

Ich bin ja ein Fan von alten Büchern und dem Gedanken an die Zeit, die in ihnen steckt. Im Andraneum stellt die Erzdiözese gerade ein paar Schmuckstücke aus ihrem Archiv aus. Was für schöne Objekte, die meisten aus dem 14. Und 15. Jahrhundert.

Montag, 22. Oktober 2012

Zeppelin über Maribor

Der österreichische Künstler Markus Jeschaunig hat sich überlegt mal mit einem Zeppelin von Graz nach Maribor zu fliegen und dabei den Landverlauf zu filmen. Das Ergebnis hat er jetzt hier vorgestellt, ein Film aus dahinfliegenden Häusern, Ackern und Weinbergen. Ganz nette Idee, finde ich, aber teilweise so aufgeblasen in der Projektbeschreibung, dass ich verständnislos manche Sätze mehrmals lesen musste. So wie den hier: "Durch die Langsamkeit der schwebenden Bewegung entlang der Linie wird ein neues Abbild der Landschaft generiert und die Frage aufgeworfen, ob dadurch das notwendige Bewusstsein für eine kommende Energiewende geschaffen werden kann?"

Tja, keine Ahnung wie das funktionieren soll mit dem neuen Bewusstsein. 

Samstag, 20. Oktober 2012

Sprücheklopfer

Über die Box auf dem Maister-Platz hatte ich ja schon geschrieben. Die Hülle verändert sich aber ständig und seit ein paar Tagen hängen dort ein paar Poster von Loesje, einem Künstlerkollektiv (wenn ich das richtig verstanden habe). Unter den Sprüchen sind ein paar richtige Schmuckstücke.

Mein Favorit: "Schulbücher - Wo stehen denn die Fehler aus denen ich lernen soll?"



Freitag, 19. Oktober 2012

Borštnik Festival

Zur Zeit läuft hier das Borštnik-Treffen, das älteste und größte Theaterfestival Sloweniens, mit einem ziemlich ambitionierten und internationalem Programm. Ich werde mir sicherlich die eine oder andere Veranstaltung anschauen und dann hier etwas darüber schreiben. Das Ganze geht noch bis zum 26. Oktober. 

Donnerstag, 18. Oktober 2012

Feuer

Einer meiner persönlichen (historischen) Highlights in Maribor ist das ehemalige Wächterzimmer in der Kirchturmspitze der Stadtpfarrkirche.



Weil in Maribor zwischen dem 14. und 18. Jahrhundert einige verheerende Feuer wüteten, wurde dort oben ein kleines Apartment (weiß leider nicht genau wann) für einen permanenten Wächter eingerichtet. Der Ausguck alarmierte mit Hilfe von Trompeten (später per Sprechanlage/Telefon) die Feuerwehrkräfte am Boden. Alle 15 Minuten musste der Wächter einmal ums Karree und Ausschau halten.

Wenn meine Informationen korrekt sind, dann fegte elfmal ein Feuer durch die Stadt, viermal blieb fast nichts von Maribor übrig. Da die meisten Häuser aus Holz und anderen brennbaren Materialen waren, genügte schon die blöde Idee, auf einen Spatzen im Dach zu schießen (das Feuer von 1700), um einen schnell umherspringenden Brand auszulösen.



Eben jenes Appartment ist sehr sehr liebevoll hergerichtet und sieht aus, als hätte die letzte Wächterin (!) Antonia Weiss ihren Dienst nicht 1933 beendet, sondern gerade eben.

Vielleicht bekomme ich die Stadt mal dazu, micht zwei Nächte dort oben verbringen zu lassen, damit ich mir anschauen kann, wie Maribor erwacht und wie Maribor einschläft.


Mittwoch, 10. Oktober 2012

Pranger mit Ausblick

Mal wieder bisschen Gebäudebingo. Das hier ist das Rathaus, erbaut im 16. Jahrhundert, dann oft modifiziert. Rechts ragt die Pestsäule in die Luft. Bevor der schwarze Tod durch die Stadt fegte, stand auf dem Platz ein Pranger, ein Käfig und ein Klotz für Verbrecher. Das waren noch Zeiten.


Fotos aus dem geteilten Europa


Tolle Ausstellung im Vetrinj Mansion in Maribor: Nachkriegsfotografien von Erich Lessing, einem Schüler von Henri Cartier-Bresson. Lessing war an den Brennpunkten der Geschichte, fing die Umwälzungen im geteilten Europa mit seiner Kamera ein, arbeitete für Life und Paris-Match. Sehr sehenswert.

Dienstag, 9. Oktober 2012

Living in a Box

Ich glaube, da wohnt jemand drin. Temporäres Kunstprojekt auf dem Maister-Platz. Allerdings schon drei Mal dran vorbei gefahren und nie jemand drin getroffen. Wird aber auch kalt gerade. Bewohner/in sitzt vielleicht im nächsten Café? Kakao mit Rum, anyone?

Im Clinton Club

Na ja, fast. Immerhin habe ich am Wochenende ein paar Schlucke vom Wein der alten Rebe trinken dürfen.

Deutsche Parlamentarier waren auf Slowenienreise, erst in Ljubljana, dann bei mir in Maribor. Also eher beim Bürgermeister und ich war mit zum Essen eingeladen. Obwohl in der Ankündigung stand: "Gespräch mit dem Stadtschreiber." Wir haben uns dann alle mit dem Bürgermeister untehalten. Klar, der hat ja auch ein bisschen mehr zu erzählen als ich. Lustigerweise redete er ein ganzes Stück lang über Korruptionsvorwürfe gegen ihn - ohne dass ihn jemand darauf angesprochen hätte.

Als ich ihn fragte, wie sich Slowenen beschreiben würden, erzählte er etwas von seinem alten Mercedes, der 30 Jahre alt sei, aber besser als jeder neue Japaner laufen würde. Habe ich so nicht ganz verstanden, war vielleicht "lost in translation", aber danach gab es dann das edle Tröpfchen aus den Phiolen. Bisschen dünn würde ich sagen. Frage mich, ob Clinton die Flasche leer gemacht hat oder steht sie immer noch in seinem Büro?

Montag, 8. Oktober 2012

Maribor-Ptuj-Maribor

Das allerbeste Herbstwetter am Wochenende. Morgens Nebel, knisternd kalt. Tagsüber sonnengold mit Balsamstrahlen.

Bin mit dem Rad von Maribor nach Ptuj. 30 Kilometer flußabwärts durch die Hügel mit ihren kleinen Kirchen und Weilern, schon nach fünf Kilometer so weit entfernt von der Stadt wie Maribor von der Küste.

In Ptuj mir den nach den Anstiegen sehr leeren Magen vollgeschlagen mit Ćevapčići und Lepinja, dann wieder zurück, in das immer schöner werdende Licht hinein.
















Donnerstag, 4. Oktober 2012

Maribor beautiful















Montag, 1. Oktober 2012

Schnipp Schnapp

Runter sind sie, die Trauben der alten Rebe. Gestern wurde geerntet, der ganze Vorplatz am Fluß war schon morgens voll, ebenso wie die Gläser auf den Tischen (und sicherlich auch der eine oder andere Mariborer). Anschließend wurde die Weinkönigin gekrönt und während ich so da stand (nein, ich habe keinen Wein getrunken; es war tatsächlich zu früh), den Liedern zuhörte, die vom Chor zum Besten gegeben wurden, dachte ich mir, wie unglaublich ländlich das Ganze wirkt für eine Stadt von fast 120 000 Einwohnern. Das hätte auch ein Weinfest in Wicker, Flörsheim oder sonstwo in meiner alten Heimat sein können. Aber vielleicht charakterisiert das Slowenien auch ein bisschen: selbst in der größten Stadt Ljubljana ist das Land gleich um die Ecke und innerhalb von zehn Minuten fühlt man sich 100 Kilometer entfernt vom urbanen Leben und hat Ruhe. Wenn man das denn will.